– BaFin beabsichtigt Allgemeinverfügung gegen Kreditinstitute zu erlassen –

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) will  – wie am 29.01.2021 veröffentlicht – gegenüber allen Finanzdienstleistungsinstituten (Sparkassen, Banken), die Sparverträge mit Verbrauchern abgeschlossen haben und deren Verträge eine unwirksame Zinsklausel beinhalten, eine Allgemeinverfügung zu erlassen und gibt den Kreditinstituten bis zum Ablauf des 28.02.2021 Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen.

Dabei sollen die Sparer

  • von den Kreditinstituten über die Unwirksamkeit der darin enthaltenen Zinsanpassungsklausel sowie das Fehlen einer allgemeinverbindlichen gerichtlichen ergänzenden Vertragsauslegung unterrichtet und

die Kreditinstitute verpflichtet werden

  • eine noch zu erwartende zivilgerichtliche Vertragsauslegung zur Basis einer Nachberechnung seit Vertragsbeginn zu machen oder eine Vereinbarung anzubieten, die den Vorgaben des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 13.04.2010 – XI ZR 197 / 09) entspricht.

Dabei sollen die Banken und Sparkassen

  • offenlegen, dass deren Zinsanpassungsklausel unwirksam ist und angeben, dass zur Schließung dieser Lücke im Vertrag entweder der Vertrag ergänzend ausgelegt werden müsse (jedoch zur Frage, wie dies zur Folge habe noch keine allgemeinverbindliche gerichtliche Vertragsauslegung existiere, diese jedoch zu erwarten sei) oder eine individuelle Vereinbarung getroffen werden könne.

Den Wortlaut der Pressemitteilung finden Sie hier: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Aufsichtsrecht/Verfuegung/vf_210129_anhoerung_allgvfg_Zinsanpassungsklauseln.html

Zum Hintergrund

Die BaFin bezieht sich bei ihrer ungewöhnlichen Maßnahme u.a. auf Prämiensparverträge der Sparkassen mit dem Produktnamen S-PRÄMIEN-SPAREN flexibel, die diese Klausel enthalten:

„Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. ____%, …“, zum Beispiel:

Außer dem anfänglichen Zinssatz werden keine Einflussgrößen für die Anpassung des Zinssatzes genannt. Zudem ist eine langlaufende Prämienstaffel in dem Vertrag enthalten, wie z.B. über 15 und Folgejahre („FJ“) oder 20 Jahre und Folgejahre („FJ“).

Dies hält nach einer gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht den Transparenzgesichtspunkten des Bürgerlichen Gesetzbuches stand! Folglich hat danach eine ergänzende Vertragsauslegung stattzufinden, um festzulegen, welche Zinsreihe am besten den Vertragsinteressen der Parteien gerecht wird. Häufig haben hierbei die Sparkassen zum Nachteil der Sparer gerechnet, da sie – obwohl die Prämiensparverträge langfristig währende Kapitalanlageprodukte sind – nur kurzfristige Zinsreihen hinterlegten.

Demgegenüber hält das OLG Dresden in einem Musterfeststellungsklage–Urteil aus April 2020 (wir berichteten …) eine mittelfristige Zinsreihe WX4260 für möglich; aus einem weiteren Urteil des LG Dresden vom 24. September 2020 (wir berichteten…) geht gar bei für richtig erachteten Anwendung dieser Zinsreihe WX4260 hervor, dass die dortige beklagte Sparkasse vollständig zur Zahlung der nachverlangten Zinsen an den Sparer verurteilt wurde. Inzwischen hat auch das Amtsgericht Ansbach in einem von SCHIEDER UND PARTNER Rechtsanwälte geführten Rechtsstreit die Sparkasse Ansbach zur vollständigen Zahlung verurteilt (wir berichteten…).

Sparer können mehrere Tausend EURO nachverlangen!

Wie viel Zinsen nach verlangt werden können, ist nur individuell – und durch Einholung von Sachverständigengutachten – berechenbar. Denn dies hängt unter anderem davon ab, wann der Sparvertrag geschlossen wurde, welcher Anfangszinssatz vereinbart wurde und welche Sparraten der Sparer jeweils nun eingezahlt hat bei den von der Verbraucherzentrale Sachsen überprüften Verträgen ergaben sich im Durchschnitt Nachzahlungsansprüche in Höhe von mehr als 4.000 Euro.

Unwirksamkeit der Kündigungen?

Ausgangslage der Zinsnachberechnungen ist häufig der Umstand, dass eine Vielzahl von Sparkassen die relativ hoch verzinsten Prämiensparverträge vor dem Hintergrund einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus April 2019 mit dem Argument kündigten, sie selbst könnten in Anbetracht einer Niedrigzinsphase nicht mehr diejenigen Renditen erwirtschaften, um die an die Sparer versprochenen Prämien auszuzahlen.

Nach Auffassung von SCHIEDER UND PARTNER Rechtsanwälte sind diese Kündigungen aber ebenso unwirksam, da die Prämienstaffeln mit dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall nichts gemein haben. Es ist deshalb ebenso wichtig neben der Frage, ob Zinsnachzahlungsansprüche der Sparer bestehen, auch zu prüfen, ob diese Kündigungen wirksam ausgesprochen wurden. Häufig finden sich Prämienversprechen, die über 15 oder 20 Jahre hinaus auch für die Folgejahre („FJ“) gelten sollten oder Verträge, die Laufzeiten von 99 Jahren („1188 Monaten“) aufweisen – dann lassen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen keine solchen erklärten Kündigungen zu!

Erhebliche Expertise vorhanden!

Lassen Sie deshalb auch Ihre bei Sparkassen angeschlossen Sparverträge darauf überprüfen. Zur Kontaktaufnahme wenden Sie sich bitte an Herrn Rechtsanwalt Tilmann Schellhas – Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

Tillmann Schellhas

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und für Bau- und Architektenrecht
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Prinzregentenufer 3, 90489 Nürnberg