– Darlehensnehmer haben häufig Anspruch auf Rückzahlung von mehreren tausend Euro –
Darlehensnehmer haben in bestimmten Situationen das Recht, ihr Immobiliendarlehen bereits vor Ablauf der Zinsbindung zurückzuzahlen. Häufiger Grund für eine solche vorzeitige Darlehensablösung ist der Verkauf des Hauses oder der Wohnung, etwa wegen einer Scheidung. Die Bank oder Sparkasse kann für diese vorzeitige Rückzahlung ihrerseits einen Ausgleich dafür verlangen, dass sie das Geld nicht zu dem Zinssatz anlegen kann, den sie für das Darlehen während der restlichen Zinsbindung bekommen hätte. Es liegt auf der Hand, dass Darlehensnehmer möglichst solche Vorfälligkeitsentschädigungen nicht zahlen wollen – denn vielfach geht es um Beträge von mehreren tausend Euro.
Weitere Rechtsprechung macht Hoffnung für Darlehensnehmer
In dem Fall, der vor dem Landgericht Bonn verhandelt wurde und mit Urteil vom 17.11.2022 erstinstanzlich beendet wurde – wir berichteten hierüber – ging es immerhin um einen Rückzahlungsanspruch von über € 15.000,00, der den Darlehensnehmern zugebilligt wurde.
Zwischenzeitlich haben auch andere Landgerichte Banken oder Sparkassen zu Rückzahlungen verurteilt, weil unzureichende Angaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung bei Immobiliardarlehen (§ 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB) vorlagen. So hat beispielsweise das Landgericht Kiel (Urteil vom 04.11.2022 – 12 O 198/21 -, rechtskräftig, vgl. Hinweisbeschluss des OLG Schleswig vom 21.12.2022 – 5 U 227/22 -) eine Klausel zu einer Vorfälligkeitsentschädigung zu beurteilen gehabt, in der einleitend wie folgt formuliert war:
„Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung (Ablösungsentschädigung) durch die Sparkasse erfolgt nach den gesetzlichen Vorgaben und der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Dies ist derzeit die sog. Aktiv-Passiv-Methode. Durch diese Berechnungsmethode wird die Sparkasse so gestellt, als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre.“
Das Landgericht Kiel hielt den Begriff „Zinsbindung“ für problematisch, da er aus Sicht des Verbrauchers nur die vertraglich vereinbarte Zinsbindung gemeint sein könne, wohingegen sich aus dem Gesetz (§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) für den Darlehensnehmer nur der Zeitraum ergibt, der für die Ermittlung des Zinsnachteils bei vorzeitiger Kreditbeendigung relevant ist – dies aber nur der Zeitraum der rechtlich gesicherten Zinserwartung, also das Ende der Sollzinsbindung. Bei grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen ist dies nach einer 10-jährigen Zinsbindung unter Einhaltung einer weiteren Kündigungsfrist von 6 Monaten, also 10 Jahre und 6 Monaten nach dem vollständigen Bezug des Darlehens der Fall.
Besonders interessant ist hier auch die Anmerkung des LG Kiel, dass auch ohne Vorbehalt geleistete Zahlungen einer Vorfälligkeitsentschädigung zurückgefordert werden können, wenn sie nicht in Kenntnis der Bereicherungsproblematik erbracht worden sind. Wegen der immer noch nicht vollständig geklärten Rechtslage zur Berechnung der Entschädigung gebe es zugunsten beider Vertragsteile keinen absoluten Vertrauensschutz in die Endgültigkeit der Betragshöhe. Zudem hätte der klagende Darlehensnehmer gar nicht die Möglichkeit gehabt, die Entschädigung unter Vorbehalt zu zahlen. Denn die beklagte Sparkasse hatte erklärt, die Grundschuld nur freizugeben, wenn der Darlehensnehmer den von ihm zur Ablösung des Darlehens geforderten Betrag vorbehaltslos zahlt.
Auch das Landgericht Limburg (Urteil vom 22.12.2022 – 1 U 32/22 -, n.n.rkr.) hielt die Angaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung in einem Immobiliardarlehensvertrag für unzureichend, wenn die Entschädigung „in angemessener Höhe“ berechnet werden soll, die Berechnungsmethode aber nicht angegeben wird. Hinzu komme, dass bei einer Berechnung nach der Aktiv-Passiv-Methode zwar Parameter für die Berechnung genannt würden, ohne jedoch transparent zu machen, wie diese untereinander in Beziehung zu setzen seien. Ferner hielt es die Angaben über die Berechnung für unzureichend, weil die lückenhafte und intransparente Information für den Darlehensnehmer den Eindruck einer sehr viel größeren Belastung entstehen lasse, welche ihn von der vorzeitigen Rückzahlung abhalten könnte. Und schließlich sah es auch hier die Angaben für unzureichend an, weil der Darlehensgeber so gestellt werden sollte, als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre, obwohl die für die Berechnung maßgebliche rechtliche geschützte Zinserwartung des Darlehensgebers früher ende.
Ebenso urteilte auch das LG Darmstadt (Urteil vom 14.06.2022 – 13 O 6/22 -, n.n.rkr.). Anders als das LG Bonn (vgl. oben) stellt das LG Darmstadt für die rechtlich geschützte Zinserwartung nicht auf den Ablauf der Zinsbindung ab, sondern auf die erste ordentliche Kündigungsmöglichkeit des Darlehensnehmers. Bei einer 10-jährigen Zinsbindung fallen diese beiden Termine zeitlich in etwa zusammen. Die erste ordentliche Kündigungsmöglichkeit des Darlehensnehmers ist aber insbesondere dann relevant, wenn der Zins länger als 10 Jahre gebunden ist.
Haben Sie Fragen zu dem Thema Vorfälligkeitsentschädigung?
Wenn Sie meinen, Sie hätten ebenfalls Rückforderungsansprüche gegenüber Banken bzw. Sparkassen, können Sie sich an Herrn Rechtsanwalt Tilmann Schellhas, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, wenden. Dieser hat eine erhebliche Erfahrung im Umgang mit verbraucherrechtsrelevanten Themen rund um Immobiliar-Darlehensverträgen.
Tilmann Schellhas
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und für Bau- und Architektenrecht
Prinzregentenufer 3, 90489 Nürnberg