– Berufungsgericht hält Kündigungen von Prämiensparverträgen für unwirksam –

Das Landgericht Mühlhausen hat unter dem 08.03.2023 (Az. 1 S 37/21 und 1 S 65/21, n.n.rks. – Revision wurde zugelassen) zugunsten von Sparern entschieden, die sich gegen eine Kündigung der Sparkasse Eichsfeld aus vermeintlich sachgerechtem Grund gewehrt hatten. Damit liegt nunmehr ein zweites Urteil eines Berufungsgerichts vor, das eine Kündigung vor Ablauf von in einer Prämienstaffel nominell bezeichneten Sparjahren für unwirksam erklärt. Diese Auffassung vertrat bereits das OLG Nürnberg (Endurteil vom 29.03.2022 – 14 U 3259/20 -, nicht rechtskräftig, Revision anhängig beim BGH unter XI ZR 72/22).

Der Sachverhalt

Im Jahr 2005 war zwischen den Parteien ein Prämiensparvertrag abgeschlossen worden, der in seinem Vertragsformular eine Prämienstaffel vom 3. – 25. Sparjahr auswies: Die höchste Prämienstufe von 50 % war ab dem 15. Sparjahr erreicht und für die weiteren einzelnen Sparjahre jeweils bis zum 25. Sparjahr die Prämienstufe gleichbleibend mit 50 % angegeben.

Diesen Vertrag kündigte die Sparkasse Eichsfeld im Jahr 2020 und berief sich auf ein angeblich ihr zustehendes Kündigungsrecht nach deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach eine Kündigung bei Vorliegen eines sachgerechten Grundes gerechtfertigt sei.

Die klagende Sparerin wendete sich gegen diese Kündigung und verlangte die Feststellung, dass der Prämiensparvertrag nicht durch die Kündigung der Beklagten beendet wurde, sondern vielmehr über den Kündigungszeitpunkt hinaus fortbesteht.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts

Das Landgericht Mühlhausen bestätigt die bereits vom Amtsgericht in I. Instanz vertretene Auffassung. Danach könne ein objektiver Empfänger die vorliegende Prämienstaffel auch so verstehen, dass bis zum 25. Sparjahr jedenfalls durch die Sparkasse keine ordentliche Kündigung erfolgen kann, mithin ein konkludenter Ausschluss der ordentlichen Kündigung bis zum 25. Sparjahr greife.

Im vorliegenden Rechtsstreit sei zwar die höchste Prämienstufe im 15. Sparjahr erreicht, jedoch seien die weiteren Prämien für die Sparjahre bis zum 25. Sparjahr ausdrücklich für jedes weitere Jahr gleichbleibend mit 50 % angegeben. Insofern folgte das Berufungsgericht nicht dem Ansatz der beklagten Sparkasse, die sich auf eine Entscheidung des BGH aus Mai 2019 (XI ZR 345/18) kaprizierte. Das Landgericht Mühlhausen sah vielmehr eine Unterschiedlichkeit zur dortigen Prämienstaffel: Denn dort hatte der BGH die Kündigung für wirksam erachtet, wobei im 15. Sparjahr die höchste Prämienstufe erreicht war, aber keine weiteren Sparjahre, die eine Prämie von 50 % auswiesen, erwähnt wurden.

Interessant ist dabei folgende Argumentation des Landgerichts Mühlhausen – wenn der BGH einen Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts der Bank bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe annehme, wenn keine weiteren Sparjahre angegeben werden, dann müsse eben ein Kündigungsausschluss bis zum 25. Sparjahr angenommen werden, wenn die nachfolgenden Sparjahre 15 – 25 im Einzelnen angegeben werden, auch, wenn die höchste Prämienstufe erreicht worden ist.

Und schließlich gingen auch die Zweifel bei der Auslegung der von der Sparkasse Mühlhausen gestellten Vertragsbedingungen zu deren Lasten: Wenn mehrere mögliche objektive Auslegungen verbleiben, die wie vorliegend zur Unwirksamkeit der Klausel führen, sei hier nach derjenigen der Vorzug zu geben, die kundenfreundlicher sei.

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Tilmann Schellhas

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und für Bau- und Architektenrecht
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