– Landgericht München I gibt klagenden Sparer zu 100 % Recht –

Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 23.07.2021 – 22 O 15646/20 (n.n.rkr.) – die Stadtsparkasse München zur Zinsnachzahlung in Höhe von knapp € 8.000,00 verurteilt und zudem ausgesprochen, dass diese neben den Zinsforderungen auch die Verfahrens-, Sachverständigen- und Rechtsanwaltskosten zu tragen habe.

Das Urteil

Dabei bestätigte das Gericht die seitens der Verbraucherzentrale Sachsen und der Ver­brau­cher­zentrale Bayern eingeschalteten Kreditsachverständigen Hink & Fischer GbR und deren ver­wen­de­ten – mittelfristigen – Referenzzins aus der Bundesbankzeitreihe BBK01WX4260 (veröffentlicht bis 04.05.2020, Umlaufsrenditen inl. Inhaberschuldverschr. / Hypothekenpfandbriefe / RLZ von über 9 bis 10 Jahren (Zeitreihe BBSIS.M.I.UMR.RB.EUR.MFISX.BX.100.R0910.R.A.A_Z._Z.A:) gleitender Durchschnitt).

Den Anfang der 1990iger Jahre abgeschlossenen Prämiensparverträgen ist in der Regel gemein, dass sie eine unwirksame Zinsänderungsklausel vorhalten und deswegen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung – notfalls durch das Gericht – bestimmt werden muss, welcher Referenzzinssatz dann zum Tragen kommt, wenn sich der Zins im Laufe des Ansparvorgangs nach oben oder nach unten bewegt.

Dabei muss es sich um einen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzins handeln, der von unabhängigen Stellen nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt wird und die Bank nicht einseitig begünstigt. Ferner ist unter der Bezugsgrößen des Kapitalmarktes diejenige oder eine Kombination derjenigen auszuwählen, die dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommen.

Das Landgericht München I hat nunmehr die eingangs erwähnte Zinsreihe BBK01WX4260 für richtig erachtet. Der Einwand der beklagten Sparkasse, diese Zinsreihe sei bereits methodisch ungeeignet, denn sie sei überhaupt erst mit Beginn des Jahres 1990 erhoben worden, sodass ein gleitender Durchschnitt über 10 Jahre allenfalls erst ab dem Jahre 2000 gebildet werden könne, sah es nicht als entscheidungserheblich an. Denn, dass eine an sich geeignete Zeitreihe nicht während der gesamten Laufzeit einzelner Sparverträge – unverändert – fortgeführt werde, halte der BGH in seinem Urteil vom 21.10.2010 (XI ZR 52/08, Rn. 26) für durchaus möglich, ohne deswegen die Heranziehung der entsprechenden Zeitreihe „in Bausch und Bogen“ als untauglich zu verwerfen. Es sei nämlich ausreichend, wenn die angewandte Zeitreihe ihrer Erhebung und Berechnung nach die Zinsentwicklung des konkreten Sparvertrags „möglichst weitgehend abbildet“, wobei etwaige Lücken gegebenenfalls durch Heranziehung der Zinsentwicklung einer anderen Zeitreihe Rechnung getragen werden kann. Genau gerade dies sei aber der Fall, wenn für die nicht abgebildeten ersten zwei Vertragsjahre ebenfalls die Anwendung der Zinsreihe WX4260 „vorgezogen“ werde.

Da das Landgericht München I zudem auch die Einrede der Verjährung solcher Zinsnachzahlungsansprüche verneinte, wurde die beklagte Stadtsparkasse München vollständig zur Zahlung verurteilt.

Vorteile von mehreren € 1.000,00!

Auch Sie sollten sich beraten lassen, ob Ihr Prämiensparvertrag ebenfalls zu Zinsnachzahlungsansprüchen gelangt. Wie viel Zinsen nachverlangt werden können, ist nur individuell – und durch Einholung eines Sachverständigengutachtens (brutto € 85,00/Sparvertrag) – berechenbar. Denn dies hängt unter anderem davon ab, wann der Sparvertrag geschlossen wurde, welcher Anfangszinssatz vereinbart wurde und welche Sparraten der Sparer jeweils eingezahlt hat. Die Verbraucherzentrale Sachen hat bei überprüften Sparverträgen einen durchschnittlichen Nachzahlungsanspruch in Höhe von mehr als € 4.000,00 ermittelt.

Auch Wirksamkeit der Kündigungen überprüfen!

Ausgangslage der Zinsnachberechnung ist häufig der Umstands, dass die Sparkassen die relativ hoch verzinsten Prämiensparverträge vor dem Hintergrund einer Entscheidung des BGH aus April 2019 mit dem Argument kündigten, sie selbst könnten in Anbetracht einer Niedrigzinsphase nicht mehr diejenigen Renditen erwirtschaften, die sie benötigten, um die an die Sparer versprochenen Prämien auszuzahlen.

Nach Auffassung von SCHIEDER UND PARTNER Rechtsanwälte sind solche Kündigungen aber ebenso unwirksam, da in einer Vielzahl von Fällen die Prämienstaffeln ganz anders ausgestaltet sind, als diejenige, die dem Urteil des BGH zugrunde lag. Hinzu kommt, dass stets im Einzelfall zu prüfen ist, ob die Sparkasse wirksam solche Erschwernisse hat oder sie sich nur pauschal und unsubstantiiert hierauf beruft. Daneben ist weiter zu untersuchen, ob die Sparkassen nicht gehalten gewesen wären, die Zinsaufwendungen, die sie in Phasen der Niedrigzinsen vermehrt zu tätigen haben, nicht durch entsprechende Geschäfte hätten kompensieren können.

Erhebliche Expertise vorhanden!

Lassen Sie sich deshalb auch Ihre bei Sparkassen abgeschlossenen Sparverträge darauf überprüfen. Zur Kontaktaufnahme wenden Sie sich bitte an Herrn Rechtsanwalt Tilmann Schellhas – Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht –. Er vertritt (bundesweit) eine erhebliche Anzahl von Sparern zu diesen Themen.

Tillmann Schellhas

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und für Bau- und Architektenrecht
SCHIEDER UND PARTNER RECHTSANWÄLTE
Prinzregentenufer 3, 90489 Nürnberg