Sparkasse Nürnberg

– Kündigung kann auch nach Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen sein –

Der BGH hat mit Urteil vom 14.11.2023 (XI ZR 88/23) zu Prämiensparverträgen entschieden, dass das ordentliche Kündigungsrecht von Sparkassen auch nach Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen sein kann, wenn der Vertrag eine längere Vertragslaufzeit bestimmt und die Parteien nicht übereinstimmend etwas anderes gewollt haben. Hatte der BGH bei unbefristeten Sparverträgen den Sparkassen bei Erreichen der höchsten Prämienstufe eine Kündigung aus sachgerechtem Grund wegen des Bestehens einer Niedrigzinsphase noch zugebilligt, hat er in dem jetzt vorliegenden Urteil klargestellt, dass ein solches Kündigungsrecht ausgeschlossen sein kann, wenn die Vertragsurkunde eine konkrete Vertragslaufzeit (hier: 1188 Monate) vorsieht.

Die Ausgangslage

In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um zwei Verträge, bei denen die jährliche Prämie nach dem 3. Sparjahr bis zum Ablauf des 15. Sparjahres fortlaufend bis auf 50  % der jeweils geleisteten Sparbeiträge anstieg – diese beiden Verträge aus 1994 und 1996 waren auf unbestimmte Zeit mit den Eltern der Klägerin geschlossen worden.

Als im Jahr 2012 der Vater der Klägerin verstarb, wurde er von seiner Ehefrau beerbt. Daraufhin erteilte die Klägerin als Bevollmächtigte ihrer Mutter der beklagten Sparkasse den Auftrag, die beiden Sparkonten auf deren Namen zu ändern. Die beiden von einem Mitarbeiter der Sparkasse ausgedruckten und von der Klägerin namens ihrer Mutter unterzeichneten Sparurkunden sahen nunmehr eine Laufzeit von 1188 Monaten (99 Jahre) vor. Als im Jahr 2016 die Mutter der Klägerin verstarb, wurden die beiden Sparkonten auf die Klägerin umgeschrieben, wobei die ebenfalls von der Klägerin unterschriebenen Vertragsurkunden eine solche Laufzeit von 99 Jahren vorhielten.

Unter Hinweis auf die Niedrigzinsphase kündigte die Sparkasse die Sparverträge zum Oktober 2019. Die Klägerin erhob hiergegen Klage. Hatte das Amtsgericht Nürnberg die Klage nach Beweisaufnahme und informatorische Anhörung der Klägerin mit der Begründung abgewiesen, dass es nach deren Angaben an einem Rechtsbindungswillen der Parteien betreffend einer Laufzeit von 1188 Monaten gefehlt habe und die Kündigungen damit wirksam seien, gab das Landgericht Nürnberg-Fürth als Berufungsgericht der Klage statt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrte die beklagte Sparkasse die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH machte deutlich, dass das in dem Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse vorgesehene Recht zur ordentlichen Kündigung zunächst nur bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen ist. Denn die ansteigende Prämienstaffel setze einen besonderen Sparanreiz, den die Sparkasse durch eine vorherige Kündigung nicht enttäuschen könne.

Der BGH betonte aber, dass das Recht der Sparkasse zur ordentlichen Kündigung auch nach Erreichen der höchsten Stufe der Prämienstaffel ausgeschlossen sein könne, wenn die Parteien eine darüber hinausgehende Vertragslaufzeit vereinbart hätten. Insoweit sei der Wortlaut der Verträge nach Umschreibung eindeutig. In dem Urteil formuliert der BGH „der rechtlich nicht gebildete Durchschnittskunde entnimmt dem ohne Weiteres die Bestimmung einer festen (Mindest-)Laufzeit.“ Da die Klausel auch mit „Vertragsdauer“ überschrieben sei und sich an einen Passus anschließe, wonach die Prämienstaffel „für die gesamte Laufzeit des Vertrags“ fest vereinbart sei, werde dieses Auslegungsverständnis bestärkt. Insbesondere sei die Laufzeit von 99 Jahren auch nicht so ungewöhnlich, dass ein Sparer hätte annehmen müssen, die Sparkasse wolle nicht für einen so langen Zeitraum auf ihr Kündigungsrecht verzichten. Nicht entscheidend sei, dass der Eintrag der langen Laufzeit – dies hatte die beklagte Sparkasse vorgetragen – allein auf technischen Gründen beruht haben soll. Denn für einen durchschnittlichen Kunden seien diese technischen Probleme nicht erkennbar.

Der Bundesgerichtshof hob die Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth gleichwohl auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an eine andere Kammer des Landgerichtes Nürnberg-Fürth. Zur Überzeugung des BGH hätte die Klägerin erneut vom Berufungsgericht angehört werden müssen, da es den Angaben der Klägerin im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung vor dem Amtsgericht Nürnberg in prozessual unzulässiger Weise einen anderen Sinngehalt beimaß – seine abweichende Wertung hätte das Landgericht Nürnberg-Fürth nicht ohne erneute Anhörung der Klägerin seiner Entscheidung zugrunde legen dürfen.

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Dann wenden Sie sich bitte an Herrn Rechtsanwalt Tilmann Schellhas, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, der eine erhebliche Erfahrung im Umgang mit gekündigten Prämiensparverträgen hat und hierzu bundesweit Sparer vertritt.

Tilmann Schellhas

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
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