– Prämiensparvertrag läuft jahrelang weiter –
Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Nürnberg vom 29.03.2022 (14 U 3559/20, n.n.rkr.) hat das Oberlandesgericht Nürnberg die von SCHIEDER UND PARTNER Rechtsanwälte von jeher vertretene Auffassung bestätigt, wonach die Kündigung eines Prämiensparvertrags unwirksam ist, der Prämien von 50% nicht nur ab dem 15. Sparjahr, sondern auch bei dem 20. Spar- und Folgejahren („FJ“) vorsieht und bei der das 20. Sparjahr noch nicht abgelaufen ist. Der durchschnittliche Verbraucher ginge in Anbetracht dieses Leistungsversprechens vielmehr davon aus, dass das Kündigungsrecht für die Sparkasse längerfristig ausgeschlossen ist.
Der Sachverhalt
Ein Sparer und die beklagte Sparkasse schlossen am 31.10.2001 einen als „S-Prämiensparen flexibel“ bezeichneten Prämiensparvertrag, der folgende Prämienstaffel auswies:
„Die S-Prämie beträgt nach
6J 8,000% | 10J 25,000% | 14J 45,000% | 18J 50,000% | |
3J 3,000% | 7J 10,000% | 11J 30,000% | 15J 50,000% | 19J 50,000% |
4J 4,000% | 8J 15,000% | 12J 35,000% | 16J 50,000% | 20J 50,000% |
5J 6,000% | 9J 20,000% | 13J 40,000% | 17J 50,000% | FJ 50,000% |
Mit Schreiben vom 24.06.2019 kündigte die beklagte Sparkasse den Vertrag unter Berufung auf eine Niedrigzinsphase.
Dagegen wehrte sich der Sparer und erhob Klage.
Die Entscheidung des OLG Nürnberg
Nachdem noch das Landgericht Nürnberg-Fürth meinte, die Kündigung sei berechtigt, da ein unbefristet abgeschlossenes Vertragsverhältnis auch irgendwann einmal dem Recht der Kündigung unterliegen müsste, sah dies das Oberlandesgericht Nürnberg anders: Die Kündigung sei in Anbetracht der Prämienstaffel bis zum Ablauf des 20. Sparjahres abbedungen worden.
Alleine die vertraglichen Abreden erweckten für den durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Verbraucher eher den Eindruck, dass überhaupt nur die Sparkassenkunden den Vertrag, nicht aber die Sparkasse selbst ordentlich kündigen könnte. Zudem hätte es für die Sparkasse nahegelegen, wenn sie die auf das 15. Sparjahr folgenden Sparjahre 16 – 20 kündigungsrechtlich hätten gleich behandeln wollen, dies auch sprachlich zum Ausdruck zu bringen, wie nicht geschehen. Auch das Vorhandensein anderer alternativer Anlageformen wie etwa von Bausparverträgen, bei denen trotz hoher Verzinsung ein Kündigungsrecht des Kreditinstituts langfristig ausgeschlossen war, weise eher darauf hin, dass ein langjähriger Ausschluss des Kündigungsrechts beim Prämiensparvertrag vorgesehen war.
Im Ergebnis könne dies aber auch letztlich dahinstehen – so das OLG Nürnberg weiter. Denn die beklagte Sparkasse habe die vertraglichen Abreden in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorformuliert, sodass die Sparkasse auch als Verwenderin das Risiko einer etwaigen Unklarheit der Vertragsbedingungen treffe.
Die Kündigung sei deshalb unwirksam und der Sparvertrag fortzusetzen.
Außerordentliche Erfahrung
Rechtsanwalt und Fachanawalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Tilmann Schellhas befasst sich mit diesem Thema bereits seit mehreren Jahren und weist hierzu eine erhebliche Expertise aus. Sie sollten auch Ihren Sachverhalt deshalb auf die Frage der Wirksamkeit der Kündigungen überprüfen lassen. Da häufig die Zinsanpassungsklauseln solcher Prämiensparverträge auch unwirksam sind und sich dadurch erhebliche Zinsnachzahlungsansprüche ergeben, sollten Sie auch diesen Umstand durch SCHIEDER UND PARTNER Rechtsanwälte klären lassen.
Tilmann Schellhas
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und für Bau- und Architektenrecht
Prinzregentenufer 3, 90489 Nürnberg