– Niedrig-Zinsphase kein Kündigungsgrund bei Prämiensparvertrag –

Dass für die Wartburg-Sparkasse in I. Instanz zuständige Landgericht Meiningen folgt der Auffassung der SCHIEDER UND PARTNER Rechtsanwälte, dass die Kündigung eines Prämien-Sparvertrages nicht wirksam erklärt wurde. Nach vorläufiger Ansicht der 2. Zivilkammer in der mündlichen Verhandlung vom 07.06.2023 sei die Kündigung nicht gerechtfertigt, da in dem Vertrag mit den darin enthaltenen Prämien, gestaffelt je nach auflaufender Jahressparleistung, ein jeweils höherer Bonusanreiz für den Sparer gesetzt werde, um ihn möglichst lange als Vertragspartner zu halten. Je länger der vorliegende Vertrag laufe, desto höher sei der Anreiz für den Kunden, den Vermögensplan bis zum Ende durchzuhalten.

Der Sachverhalt

Die Klägerin hatte mit der Wartburg-Sparkasse im Jahr 1996 einen Vertrag über einen Vermögensplan mit jährlicher Prämienzahlung abgeschlossen. Danach war die Klägerin berechtigt, jeden Monat DM 200,00 auf das Sparkonto einzuzahlen. Die Wartburg-Sparkasse verpflichtete sich ihrerseits neben einem variablen Anfangszins von 3,0 % zusätzlich am Ende des Sparerjahres eine verzinsliche Prämie zu zahlen, sofern das Sparguthaben einschließlich der Zinsen und Prämien ein Vielfaches der Sparleistung (= 12 Monatsbeiträge) erreicht. Dabei sah die Prämienstaffel wie folgt aus:

Obgleich die höchste Prämienstufe – nämlich das 40-fache der Jahressparleistung – noch nicht erreicht war, kündigte die Wartburg-Sparkasse den Vertrag. Dagegen wehrte sich die durch SCHIEDER UND PARTNER Rechtsanwälte vertretene Sparerin und klagte auf Feststellung, dass die Kündigung unwirksam sei und der Vertrag zu unveränderten Bedingungen fortbestehe.

Die vorläufige Rechtsauffassung des Landgerichts Meiningen

Wie eingangs bereits mitgeteilt, hält das Landgericht Meiningen die Kündigung wohl für nicht durchgreifend und sah die weitaus größeren Prozessrisiken bei der beklagten Wartburg-Sparkasse. Folge: der abgeschlossene Prämiensparvertrag laufe noch weiter und sei durch die ausgesprochene Kündigung gerade nicht beendet.

Damit vertritt das LG Meinigen eine andere Rechtsauffassung als das LG Gera, dass mit  Urteilen vom 14.01.2022 (4 O 594/21) und 21.01.2022 (4 O 110/21) die Kündigungen der Sparkasse Altenburger Land für gerechtfertigt hielt..

Ergänzend darf durch SCHIEDER UND PARTNER Rechtsanwälte angemerkt werden, dass die Ansicht des LG Meiningen überzeugender ist, da bereits die Gestaltung des Vertragsformulars gerade im Hinblick auf die Beendigungsrechte der Parteien verwirrend gestaltet ist; es erweckt für den durchschnittlich, rechtlich nicht vorgebildeten Verbraucher eher den Eindruck, dass überhaupt nur die Sparer den Vertrag ordentlich kündigen können: So enthält das Vertragsformular unter anderem die Regelung, dass der Sparer auch bei Teilverfügungen keine Kündigung („ohne Kündigung“) zu erwarten hätte. In Anbetracht der großen Bedeutung des Kündigungsrechts für die Renditeerwartungen des Sparers kommt jedenfalls die Erwähnung des „40-fachen“ in der Prämienstaffel eine besonders herausgehobene Bedeutung zu. Aus dem Kontext der Vertragsklauseln wird der subjektive Sparanreiz bei solchen Sparern gerade geweckt.

Aber selbst dann, wenn letztlich nicht klär wäre, welche der Auslegungsvarianten der Vorzug zu geben ist, würden Bestimmungen des BGB (§ 305c Abs. 2) der Wartburg-Sparkasse als Verwenderin des Vertragsformulars das Risiko der für sie unschwer vermeidbaren Unklarheit der von ihr gestellten Vertragsbedingungen überbürden.

Erhebliche Erfahrung

Wenn auch Sie Fragen zur Kündigung von Prämiensparverträgen oder Vermögensplan-Verträge haben, können Sie sich gerne an Herrn Rechtsanwalt Tilmann Schellhas – Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht – wenden. Dieser hat erhebliche Erfahrung hierzu und vertritt eine Vielzahl von Sparern bundesweit.

Tilmann Schellhas

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und für Bau- und Architektenrecht
SCHIEDER UND PARTNER RECHTSANWÄLTE
Prinzregentenufer 3, 90489 Nürnberg