– Sparkassen verpflichtet, Unwirksamkeit von Zinsanpassungsklausel offenzulegen –

In einem äußert ungewöhnlichen rechtspolitischen Akt, hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) am 21.06.2021 gegenüber den Anbietern von Prämiensparverträgen – das sind überwiegend Sparkassen – eine Allgemeinverfügung erlassen und darin angeordnet, diese müssten die Sparer über die Unwirksamkeit der darin enthaltenen Zinsanpassungsklausel sowie das Fehlen einer allgemeinverbindlichen gerichtlichen ergänzenden Vertragsauslegung unterrichten. Verbinden müssen die Anbieter ihre Erklärung gegenüber den Verbrauchern mit

  • der unwiderruflichen Zusage, eine noch zu erwartende zivilgerichtliche ergänzende Vertragsauslegung zur Basis einer Nachberechnung der bisherigen Zinsberechnung seit Vertragsbeginn zu machen,

oder

  • dem Angebot der Vereinbarung einer sachgerechten, die Vorgaben des Bundesgerichtshofes aus dem Urteil vom 13.04.2010 – XI ZR 197/09 berücksichtigenden Zinsanpassungsklausel im Rahmen eines individuellen Änderungsvertrages.

 

Hintergrund

Von den 1990er Jahren bis Anfang der 2000er Jahre boten viele Banken und Sparkassen ihren Kundinnen und Kunden langfristige Prämiensparverträge mit variablem Zinssatz an. Unter dem Begriff „Prämiensparvertrag“ ist eine langfristige Sparform mit variabler Verzinsung zu verstehen, bei der Sparer regelmäßige Sparraten erbringen, wobei das Kreditinstitut hierauf keinen Anspruch hat. Die Verträge sehen vor, dass das Institut dem Kunden zusätzlich zum Zins eine Prämie bzw. einen Bonus zahlt. Sie ist nach der Vertragslaufzeit gestaffelt und beträgt je nach konkreter Vertragsgestaltung bis zu 50 oder sogar 100 Prozent der auf den Vertrag eingezahlten jährlichen Sparleistung.

In der Praxis ähnelten sich diese Verträge branchenweit stark. Typischerweise verwendeten die Kreditinstitute in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Zinsanpassungsklauseln, die ihnen einräumten, über Änderungen der vertraglich vorgesehenen Verzinsung mit unbegrenzt einseitigen Ermessensspielräumen zu entscheiden. Die Klauseln lauteten etwa: „Die Bank/Sparkasse zahlt … den durch Aushang bekanntgegebenen Zins“ oder „die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit … % verzinst“.

Urteile des BGH

Derartige Klauseln erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) allerdings in einer Reihe von Urteilen seit 2004 für unwirksam. Das Gericht hielt die Klauseln für nicht ausreichend transparent. Die Sparer könnten damit weder mögliche Zinsänderungen kalkulieren noch Anpassungen nachprüfen. In seiner grundlegenden Entscheidung vom 17.02.2004 urteilt der BGH (XI ZR 140/03), bei langfristig angelegten Sparverträgen sei eine formularmäßige Zinsänderungsklausel unwirksam, die dem Kreditinstitut eine inhaltlich unbegrenzte Zinsänderungsbefugnis einräume. Dies verstoße gegen § 308 Nr. 4 BGB.

Was tun?  – Zinsen und Kündigungen überprüfen lassen!

Es ist damit zu rechnen, dass seitens der Sparkassen gegen die Allgemeinverfügung Rechtsmittel eingelegt werden. Davon unabhängig brauchen Sparer aber nicht zuzuwarten. bis auch deren Sparkasse  – rechtskräftig – diese Mitteilung auch ihnen gegenüber bekannt machen. Sie können und sollten ihre Ansprüche davon unabhängig geltend machen. Denn häufig sind solche Sparverträge bereits gekündigt und es wird die Auffassung vertreten, mit der Beendigung würde der Beginn der Verjährung solchen Zinsen anlaufen!

Sie sollten auch Ihre Sparverträge auf die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel überprüfen sowie den Nachzahlungsanspruch berechnen lassen und über SCHIEDER UND PARTNER Rechtsanwälte, Rechtsanwalt Tilmann Schellhas, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, geltend machen. Rechtsanwalt Schellhas verfügt über eine erhebliche Expertise und vertritt bundesweit Sparer zu dem Thema.

Unabhängig von der Frage der Zinsen ist auch zu prüfen, ob die seitens der Sparkassen oder sonstiger Anbieter erklärten Kündigungen rechtswirksam sind. Häufig finden sich Prämienversprechen, die über 15 oder 20 Jahre hinaus auch für die Folgejahre („FJ“) gelten sollten oder Verträge, die Laufzeiten von 99 Jahren („1188 Monaten“) aufweisen – dann lassen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen keine solchen erklärten Kündigungen zu!

Welche Unterlagen brauchen wir?

Dazu benötigen wir nur wenige Unterlagen von Ihnen:

  • Sparvertrag
  • Kündigung der Sparkasse, wenn bereits erklärt
  • weiterer Schriftverkehr
  • Sparbuch oder Kopie der Saldenlisten (zur Ermittlung des Zinsnachzahlungsverlangens – Kosten € 85,00 / je Sparvertrag)
  • Widerspruchsschreiben, wenn von Ihnen schon verfasst
  • Rechtsschutzversicherung (Versicherungs-oder Schadennummer), falls vorhanden

Tillmann Schellhas

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und für Bau- und Architektenrecht
SCHIEDER UND PARTNER RECHTSANWÄLTE
Prinzregentenufer 3, 90489 Nürnberg