– Verbraucher schuldet weder Architektenhonorar noch Wertersatz –

Das Landgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 26.06.2023 (2-26 O 144/22) ent­schie­den, dass ein per E-Mail zwischen einem Verbraucher und einem Architekten ge­schlos­sener Architektenvertrag dann widerrufbar ist, wenn es sich um ein Fern­ab­satz­ge­schäft handelt. Da dem Architekten bei wirksamen Widerruf weder ein Archi­tek­ten­ho­norar noch ein Wertersatz zusteht, ist er vielmehr verpflichtet, an ihn gezahlte Vergütung an den Verbraucher zurückzuerstatten.

Der Sachverhalt

Im Juni 2022 schlossen die klagenden Verbraucher mit einem Architekten einen Architek­ten­ver­trag, wonach ein Ein-Familienhaus zu einem Drei-Familienhaus umgebaut werden sollte. Eine Widerrufsbelehrung seitens des Architekturbüros war im Rahmen des Vertragsschlusses nicht erteilt worden.  Das Architektenbüro, das ein Internetportal betreibt, sollte unter anderem die Aus­füh­rungs­pla­nung erstellen und die Genehmigungsplanung des von den Klägern zuvor beauftragten Ar­chi­tek­ten überarbeiten. Der Abschluss des Architektenvertrags kam ausschließlich per E-Mail zu­stan­de. Die Homepage des beklagten Architektenbüros sah dabei folgende Anpreisungen vor:

Sie kontaktieren das Team von … über die Website oder telefonisch. Mit Hilfe Ihrer ersten Angaben können wir einschätzen, welcher unserer Par­tnerarchitekten für Sie in Frage kommt. … Bei einem Te­le­fon­ge­spräch oder Videocall lernen Sie den vorgeschlagenen Architekten oder Fachplaner persönlich kennen. … Das Kennenlernen kann auf Wunsch auch am Ort des Bauvorhabens stattfinden.“

Nachdem das Architekturbüro die Leistungsphasen 1 – 4 auf Stundenbasis ab­ge­rech­net und die Kläger drei Abschlagszahlungen in Höhe von mehr als € 23.000,00 zahlten, er­klärten sie im November 2022 den Widerruf des Vertrags.

Mit der Klage verlangten sie nun die Rückzahlung der geleisteten Abschläge und begehrten die Feststellung, dass der Beklagten kein Anspruch auf Zahlung weiterer Beträge zustehe.

Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main

Das Landgericht Frankfurt am Main gab der Klage statt und hielt fest, dass sich aufgrund des wirk­samen Widerrufs der Architektenvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt habe. Da der Vertrag ausschließlich mit Fernkommunikationsmitteln (hier: E-Mail) zustande kam, handele es sich um ein Fernabsatzvertrag im Sinne des § 312 c BGB. Fernkommunikationsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind alle Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags eingesetzt werden können, ohne dass die Vertragsparteien gleichzeitig körperlich anwesend sind, wie BriefeKataloge, Telefonanrufe, TelekopienE-Mails, über den Mobilfunkdienst versendete Nachrichten (SMS) sowie Rundfunk und Telemedien.

Das insoweit be­weis­be­lastete Ar­chi­tek­tur­büro hätte zudem nicht substantiiert darlegen können, dass es sich bei ihrem Geschäftsmodell um kein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem handele. Vielmehr lege die Homepage der Architekten gerade die gegenteilige Vermutung nahe.

Folglich seien die Kläger auch nicht zur Zahlung von Architektenhonorar verpflichtet und sie schuldeten auch dem Architekturbüro keinen Wertersatz. Denn Voraussetzung hierfür sei, dass sie die klagenden Verbraucher ordnungsgemäß über die Bedingungen, Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie über die Pflicht zur Zahlung eines angemessenen Betrags für den Fall des Widerrufs informiert hätten. Da die Kläger gar nicht über ihr Widerrufsrecht belehrt wurden, scheide ein Anspruch der Architekten auf Wertersatz mithin aus.

Auch der Umstand, dass die von dem Architekten erbrachten Planungsleistungen dabei teil­weise verwertet werden konnten, stünde einem Widerruf nicht entgegen. Die Verbraucher könn­ten das ihnen eingeräumte Widerrufsrecht zu ihrem Vorteil nutzen, wenn die Grenze der Arglist und Schikane nicht überschritten sei. Als Ausgleich für bereits erbrachte Leistungen stelle das Gesetz dem Unternehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Wertersatz zur Ver­fü­gung. Dass die Voraussetzungen für einen Wertersatz im vorliegenden Fall nicht vorlägen, führ­e noch nicht zur Rechtsmissbräuchlichkeit des erklärten Widerrufs.

Haben Sie Fragen zu einer ähnlichen Sachverhaltskonstellation?

Dann wenden Sie sich bitte an Herrn Rechtsanwalt Tilmann Schellhas, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Dieser hat eine erhebliche Expertise bei Rechtsfragen rund um das Widerrufsrecht. Er vertritt dazu Ver­brau­cher bundesweit.

Tilmann Schellhas

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
SCHIEDER UND PARTNER RECHTSANWÄLTE
Prinzregentenufer 3, 90489 Nürnberg