– Bayerisches Oberstes Landesgericht bestimmt Verhandlungstermin –
In dem Musterfeststellungsklageverfahren, das von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die Sparkasse Nürnberg vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht (101 MK 1/20) angestrengt wurde, wurde nunmehr Termin für den 13.05.2022, 09:30 Uhr, anberaumt.
Worum geht es?
Anfang der 1990iger Jahre haben Sparkassen – auch die Sparkasse Nürnberg – Sparverträge unter dem Namen „Prämiensparen flexibel“ aufgelegt und massenhaft mit Sparern abgeschlossen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) teilte mit, dass mehr als 1 Million solcher Prämiensparverträge abgeschlossen wurden.
Vielfach haben die Sparkassen diese Prämiensparverträge gekündigt und sich hierbei auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie auf eine Niedrigzinsphase bezogen; die Kündigung sei sachgerecht, weil die Sparkassen in einer Niedrigzinsphase Erschwernisse hätten, diejenigen Erträge noch zu erwirtschaften, die sie bräuchten, um die versprochenen Prämien an die Sparer weiter auszahlen zu können. Dagegen stemmen sich viele Sparer, da sie davon ausgingen, weit länger die Verträge besparen und lukrative Prämien generieren zu können. Zudem wurden vielfach unwirksame Zinsanpassungsklauseln in den Musterverträgen der Sparkassen verwendet, so dass sich nicht geringe Zinsnachzahlungsansprüche für Sparern ergeben.
Ziele der Musterfeststellungsklage?
Der vzbv hat zu diesem Themenkomplex eine Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Nürnberg erhoben. Darin soll festgestellt werden, dass die Sparverträge nicht ordentlich gekündigt werden können. Darüber hinaus soll festgestellt werden, dass die von der Sparkasse Nürnberg verwendete Klausel zur Zinsanpassung unwirksam ist und herausgearbeitet werden, nach welchen Vorgaben die Sparkasse Nürnberg die Zinsen in den Sparverträgen berechnen muss. Und schließlich soll das Gericht feststellen, dass die Sparkasse sich bezüglich der Zinsnachzahlung nicht auf eine Verjährung der Ansprüche berufen kann. Letzteres ist schon zuvor durch das Urteil des BGH vom 06.101.2022 (XI ZR 234/20) zu Gunsten der Sparer geklärt worden.
Welche Klauseln befinden sich in den Sparverträgen?
Die Musterfeststellungsklage behandelt Fälle zu dem Sparvertrag „Prämiensparen flexibel“ auf den mindestens eine der folgenden Punkte zutrifft:
- Es findet sich im Vertrag die Zinsanpassungsklausel „die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. … %, …“;
- Es ist eine Prämienstaffel für 20 Jahre und FJ (Folgejahre) abgedruckt oder
- im Zuge einer Umschreibung des Prämiensparvertrags wurde eine Laufzeit von 1.188 Monaten vereinbart.
Können sich alle Sparer der Klage anschließen?
Nein! Es können sich nur alle Verbraucher der Musterfeststellungsklage anschließen, die bei der Sparkasse Nürnberg (vormals Stadtsparkasse und Kreissparkasse Nürnberg) einen Sparvertrag abgeschlossen haben.
Ein für teilnehmende Verbraucher positives Verfahren führt aber nicht direkt zu einem Zahlungsanspruch gegen die Sparkasse Nürnberg. Dies kann bedeuten, dass Betroffene ein zweites, nämlich individuelles Verfahren gegen die Sparkasse Nürnberg führen müssen.
Unabhängig davon sollten alle anderen Sparer, die solche Prämiensparverträge mit anderen Sparkassen geschlossen haben, individuell überprüfen lassen, ob ihnen ein Anspruch auf weitere Zinszahlungen zusteht oder sich gar ein Verfahren auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung lohnt. Der Verbraucherzentrale Sachsen hat im Schnitt € 4.300,00/Sparvertrag als Zinsen, die noch nachgezahlt werden müssen, ermittelt.
Erhebliche Expertise!
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Tilmann Schellhas, der vom Finanztipp für Fälle der vorliegenden Art als Rechtsanwalt empfohlen wird, befasst sich seit Jahren mit der Frage der Wirksamkeit von Kündigungen und Zinsnachzahlungsansprüchen bei Prämiensparverträgen und vertritt Sparer bundesweit hierzu.
Tilmann Schellhas
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und für Bau- und Architektenrecht
Prinzregentenufer 3, 90489 Nürnberg