– OLG Stuttgart hält Verbraucherbauvertrag für widerrufbar –
Ein Verbraucherbauvertrag liegt vor, wenn der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird. Dieser bedarf nicht nur der Textform. Der Verbraucher muss vielmehr auch vom Unternehmer ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt werden. Dies führt in der Praxis immer wieder zu Schwierigkeiten und im vorliegenden Fall zur Bejahung eines Widerrufsrechts.
Der Sachverhalt
Zwischen den Parteien war ein Verbraucherbauvertrag geschlossen worden und es war eine gesetzliche Musterwiderrufsbelehrung beigefügt – alles schien also zunächst rechtskonform. Die Vertragsurkunde selbst erhielt jedoch den unzutreffenden Hinweis, dass der Widerruf nur durch Verwendung eines bestimmten Formulars ausgeübt werden könne. Dieser unzulässige Hinweis befand sich an einer nicht hervorgehobenen Stelle. Der Verbraucher widerrief den Vertrag nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist, aber noch vor Erreichung der gesetzlichen Höchstfrist von 1 Jahr und 14 Tagen.
Die Entscheidung des OLG Stuttgart
Das OLG Stuttgart hielt den Widerruf für nicht verfristet, da die Frist von 14 Tagen ab Vertragsschluss (§ 356 e Satz 1 BGB) nicht zu laufen begonnen hat. Nach Auffassung des Senats war der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden, da die Vertragsurkunde den unzutreffenden Hinweis über den Formularzwang bei Ausübung des Widerrufsrechts enthielt – die Belehrung war also aus Sicht des OLG Stuttgart undeutlich und insgesamt unwirksam.
Zwar hatte bereits der Bundesgerichtshof (Urteil vom 10.10.2017 – XI ZR 443/16) einen unzutreffenden Hinweis, der sich nicht an einer drucktechnisch hervorgehobenen Stelle befand, nicht für relevant gehalten. Dies sah jedoch das OLG Stuttgart nicht als Problem an, da sich der unzutreffende Hinweis als alleinige inhaltliche Regelung im Vertragswerk befand, dass ansonsten lediglich technische Einzelheiten zur geschuldeten Bauleistung enthielt. Dieser Umstand war nach Auffassung des Gerichts geeignet, den Verbraucher von der Ausübung eines Widerrufsrechts abzuhalten, ebenso wie ein unzutreffender Hinweis an drucktechnisch hervorgehobener Stelle.
Haben Sie Fragen zum Sachverhalt oder zur Rechtslage?
Wenn Sie in einem ähnlich gelagerten Fall Fragen haben, können Sie sich gerne an Herrn Rechtsanwalt Tilmann Schellhas, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht wenden. Dieser besitzt eine erhebliche Erfahrung rund um den rechtlichen Bereich von Widerrufsrecht.
Tilmann Schellhas
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Prinzregentenufer 3, 90489 Nürnberg