Wenn HOAI-Mindestsatzunterschreitung: Architektenhonorarprozesse sind auszusetzen!
Das hat das LG Dresden mit Beschluss vom 05.05.2019 – 6 O 1751/15 – entschieden und die Architektenhonorarklage aufgrund des von der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens Rs. C-377/17 ausgesetzt (anhängig: EuGH, Rs. C-137/18).
In unserem Beitrag Fällt die HOAI? hatten wir uns schon ausführlich mit dem Thema befasst.
Das LG Dresden hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nunmehr folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Ist das EU-Recht dahingehend auszulegen, dass es einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der es in Verträgen mit Architekten und/oder Ingenieuren nicht gestattet ist, ein Honorar zu vereinbaren, das die Mindestsätze der sich aus der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure zu berechnenden Vergütung unterschreitet?
In dem Verfahren verlangt der Architekt von der Beklagten die Zahlung weiteren Architektenhonorars. Für Leistungen nach den Leistungsphasen 1 bis 4 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (nachfolgend nur: HOAI) war ein Pauschalpreis vereinbart worden. Nach Abschluss aller Arbeiten zur Sanierung und Rekonstruktion des Gebäudes im Juni 2014 legte der Architekt gegenüber der Beklagten allerdings Rechnung nach den Mindestsätzen der HOAI. Nach der Rechtslage ist die Klage dem Grunde nach begründet; zur Höhe wäre noch Sachverständigenbeweis zu erheben, jedoch stünde – so das Landgericht – bereits jetzt unter Berücksichtigung einer sich aus der Pauschalpreisabrede ergebenden Zahlungspflicht der Beklagten fest, dass die Klage nach deutschem Recht aus folgenden Gründen wenigstens zum Teil Erfolg hat. Eine Unterschreitung der nach § 7 Abs. 3 HOAI festgesetzten Mindestsätze durch schriftliche Vereinbarung komme nur in Ausnahmefällen in Betracht; vorliegend seien solche noch mit ihnen vergleichbare Umstände nicht vorgetragen worden und die Beklagte sei auch nicht ansonsten schutzbedürftig. Folglich sei der Architekt nicht gehindert, nach den Mindestsätzen abzurechnen, weil der Auftraggeber auf den Bestand der Pauschalhonorarabrede vertrauen durfte und er sich im berechtigten Vertrauen auf die Endgültigkeit einer entsprechenden Schlussrechnung in schutzwürdiger Weise so eingerichtet hat, dass ihm eine Nachforderung nicht mehr zugemutet werden kann.
Erweisen sich allerdings die nationalen Regelungen (die: HOAI) als unionsrechtswidrig, wäre die Klage ohne weiteres abzuweisen, soweit mehr als die vereinbarte Pauschale verlangt werde.
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Zur Kontaktaufnahme wenden Sie sich bitte an Herrn Rechtsanwalt Thomas Schieder Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht oder Herrn Rechtsanwalt Tilmann Schellhas Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.
Tilmann Schellhas
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Prinzregentenufer 3, 90489 Nürnberg