– Auch rechtskundiger Verbraucher kann widerrufen –

Wieder einmal zeigt  sich an dem Urteil des Landgerichtes Frankfurt am Main vom 02.04.2024 (2-31 O 78/23), welch scharfes Schwert das Widerrufsrecht im Werkvertrag darstellt. So wurde ein Architekt verurteilt, an seinen Auftraggeber einen Betrag von über € 5.000,00 geleisteten Vorschusses zurückzuzahlen, da der Architekt seinen Auftraggeber vor Abschluss des im Fernsatz zustande gekommenen Architektenvertrages nicht über dessen Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt hat – dabei half dem Architekt auch der Einwand nichts, sein Auftraggeber sei als Rechtsanwalt doch rechtskundig.

Der Sachverhalt

Die Gesamte Vertragsanbahnung und der Vertragsabschluss selbst fanden im vorliegenden Fall ausschließlich per E-Mail, Telefon und Videokonferenz statt, wobei der Architekt dem Bauherren ein Angebot über die Erstellung von Bestandsplänen und Erstellung einen ersten Entwurfes unterbreitete, das der Bauherr – ein Rechtsanwalt – annahm. Eine Belehrung des Auftraggebers über ein diesem zustehendes Widerrufsrecht erfolgte nicht. Der erste gemeinsame Ortstermin bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit von Architekt und Bauherren erfolgte erst nach Vertragsschluss. Der rechtskundige Auftraggeber widerrief den Vertrag und verlangte die bereits bezahlte Vergütung vom Architekten zurück.

Die Entscheidung des Landgerichtes Frankfurt am Main

Das Gericht verurteilte den Architekten, die geleistete Vorschusszahlung an den Kläger zurückzuzahlen. Denn es liegt hier ein Fernabsatzvertrag im Sinne des § 312 c BGB vor. Nach den gesetzlichen Vorgaben hätte deshalb eine Belehrung über das Bestehen eines Widerrufsrechts erfolgen müssen, um eine Widerrufsfrist von zwei Wochen in Gang zu setzen. Dass der Auftraggeber hier ein Rechtsanwalt ist, hinderte das Gericht nicht, auch diesem ein Widerrufsrecht zuzugestehen. Eine Differenzierung nach „der Art des Verbrauchers“ sei dem Gesetz fremd.

Dabei war nach Ansicht des Gerichts vorliegend auch nicht ausnahmsweise nicht von einem Ausschluss des Widerrufsrechts auszugehen, weil auf Seiten des Architekten kein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem vorgelegen habe. Denn ein solches System werde nach der Fassung des § 312 c Abs. 1 BGB bereits widerleglich vermutet und der Architekt hatte Gegenteiliges weder dargelegt noch bewiesen.

Da der Widerruf  weder treuwidrig noch rechtsmissbräuchlich ausgeübt worden sei, wurde der Architekt antragsgemäß verurteilt.

Einen ähnlichen Fall hatten wir bereits im Februar 2024 vorgestellt (Per E-Mail geschlossener Architektenvertrag kann widerrufen werden!) Dort – wie hier – hatte der Architekt auch keinen Anspruch auf Wertersatz, dem er seinem Auftraggeber hätte entgegen halten können: Wer nicht belehrt, hat keinen Wertersatzanspruch!

Haben Sie Fragen?

Wenn Sie Fragen zum Sachverhalt oder zur Rechtslage in einem ähnlich gelagerten Fall haben, können Sie sich gerne an Herrn Rechtsanwalt Tilmann Schellhas, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht wenden. Dieser hat eine erhebliche Erfahrung im Umgang mit Widerrufsrechten, deren Voraussetzungen und Rechtsfolgen.

Tilmann Schellhas

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
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