Ausbildungsunterhalt Titel

Der Unterhalt eines Kindes umfasst gemäß § 1610 Abs. 2 BGB auch die Kosten einer angemessenen Ausbildung zu einem Beruf. Nach dieser Vorschrift wird eine Berufsausbildung geschuldet, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den Neigungen des Kindes am besten entspricht, soweit sie sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält. Dieser Verpflichtung zur Ermöglichung einer Berufsausbildung steht allerdings die Obliegenheit des Unterhaltsberechtigten gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit innerhalb üblicher Zeit aufzunehmen und zu beenden. Die Unterhaltspflicht ist also vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt und richtet sich jeweils nach den Umständen des einzelnen Falles. Hierbei geht es nicht nur um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern, sondern beispielsweise auch darum, inwieweit sie überhaupt damit rechnen müssen, dass ihr Kind eine weitere Ausbildungsstufe anstrebt.

Im vorliegenden Fall hatte der Vater seiner Tochter nach deren Abiturprüfung mitgeteilt, dass er vom Abschluss der Schulausbildung davon ausgehe, nunmehr keinen weiteren Unterhalt zahlen zu müssen. Seine Tochter möge sich bei ihm melden, wenn dies anders sein sollte. Nachdem hierauf keine Antwort erfolgte, stellte er die Unterhaltszahlungen ein. Ca. 7 Jahre später wurde er aufgefordert, Auskunft über seine finanziellen Verhältnisse zu erteilen und gegebenenfalls Kindesunterhalt für seine nach der Absolvierung einer Lehre nunmehr studierende Tochter zu zahlen.

Der Antrag auf Zahlung von Kindesunterhalt wurde in sämtlichen Instanzen abgewiesen. Aufgrund der Besonderheiten des konkreten Einzelfalles sei die Inanspruchnahme des Vaters nicht mehr zumutbar. Nachdem die Tochter bei Studienbeginn fast 26 Jahre alt war, musste der Vater typischerweise nicht mehr mit der Aufnahme eines Studiums rechnen. Folglich hatte er im Vertrauen darauf, nicht mehr für den Unterhalt der Tochter aufkommen zu müssen, längerfristige finanzielle Dispositionen wie den durch einen Kredit finanzierten Kauf eines Hauses getroffen. Sein Vertrauen darauf, keinen Unterhalt mehr zahlen zu müssen, war nach der Auffassung der Gerichte vor allem auch deshalb schützenswert, weil ihn seine Tochter trotz Nachfrage zu keinem Zeitpunkt über ihre Ausbildungspläne in Kenntnis gesetzt hatte (Beschluss vom 03.05.2017, XII ZB 415/16).

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