
– OLG Sachsen-Anhalt entscheidet über den Werklohn für Fassadensanierung und Anwendungsbereich des Gebäudeenergiegesetztes (GEG) –
Ein Handwerksbetrieb (Klägerin) führte Fassadenarbeiten an einem Mehrfamilienhaus des Beklagten durch. Der Beklagte hatte den Auftrag per E-Mail angenommen, betonte aber, dass die Arbeiten nur bei Temperaturen über 5 °C erfolgen sollten. Während der Ausführung entstanden Meinungsverschiedenheiten über die Wetterbedingungen, die Qualität der Arbeiten und die Frage, ob eine Wärmedämmung nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) erforderlich gewesen wäre. Die Klägerin stellte die Arbeiten fertig und forderte Werklohn in Höhe von 16.591,15 €. Der Beklagte weigerte sich zu zahlen, weil er Mängel befürchtete und eine zusätzliche Bürgschaft verlangte.
Hintergrund des Falls
Wer bei einer Fassadensanierung gegen die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) verstößt, liefert eine mangelhafte Werkleistung. Doch unter welchen Bedingungen greifen die gesetzlichen Anforderungen? Diese Frage war Kern eines Rechtsstreits, bei dem ein Hauseigentümer die Bezahlung des Werklohns verweigerte. Er argumentierte, dass die beauftragte Baufirma das GEG missachtet habe, indem sie keine zusätzliche Wärmedämmung anbrachte.
Die Baufirma wies diesen Vorwurf zurück und erklärte, dass sie lediglich beschädigte Putzstellen ausgebessert und den bestehenden Putz überarbeitet habe, ohne ihn komplett zu entfernen. Eine nachträgliche Dämmung sei daher nicht erforderlich gewesen.
Der Hauseigentümer sah darin jedoch eine Pflichtverletzung, da aus seiner Sicht jede Fassadensanierung den energetischen Anforderungen des GEG entsprechen muss. Das Gericht entschied, dass eine Dämmung nur dann bestätigt wird, wenn der gesamte Außenputz entfernt und erneuert wird. In diesem Fall greift das GEG und fordert eine energetische Sanierung der Fassade. Werden lediglich Reparaturen durchgeführt oder der fertige Putz überarbeitet, liegt keine „Erneuerung“ im Sinne des Gesetzes vor.
In solchen Fällen entfalle die Verpflichtung zur nachträglichen Dämmung. Da die Baufirma in diesem Fall den alten Putz nicht vollständig entfernt hatte, bestünde für sie keine Pflicht, zusätzliche Wärmedämmmaßnahmen zu ergreifen.
Entscheidung des OLG Sachsen-Anhalt
Das Landgericht Halle entschied zugunsten der Klägerin und sprach ihr Werklohn in Höhe von 15.409,95 € zu. Der Beklagte legte Berufung ein, da er meinte, die Arbeiten seien fehlerhaft gewesen und hätten nicht den Vorgaben des GEG entsprochen. Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt (Urteil vom10. Oktober 2023, Aktenzeichen 2 U 69/23).
wies die Berufung jedoch zurück:
- Das Gericht stellte fest, dass die Fassadenarbeiten ordnungsgemäß ausgeführt wurden und keine erheblichen Mängel vorliegen.
- Der Beklagte konnte nicht beweisen, dass die Temperaturen während der Arbeit zu Schäden führen.
- Besonders relevant: Eine Wärmedämmung wäre nur erforderlich gewesen, wenn der gesamte Putz entfernt worden wäre – das war hier nicht der Fall. Nicht jede Fassadensanierung führte automatisch zu einer Verpflichtung nach dem GEG – entscheidend sei aber, ob eine vollständige Erneuerung oder lediglich eine Instandsetzung erfolgt. Die in Anlage 7 zu § 48 GEG unter Nr. 1 b, 2. Anstrich aufgeführte „Erneuerung des Außenputzes einer bestehenden Wand“ setze voraus, dass der gesamte vorhandene Putz entfernt bzw. abgeschlagen werde. Nicht einschlägig sei die Vorschrift hingegen, soweit lediglich eine Reparatur von Fehlstellen stattfindet, die jedoch nicht die gesamte Außenwand betrifft
- Der Beklagte müsste daher den offenen Werklohn zahlen.
Haben Sie Fragen zur Rechtslage in einem ähnlich gelagerten Fall?
Dann wenden Sie sich bitte an Herrn Rechtsanwalt Tilmann Schellhas, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.
Tilmann Schellhas
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Prinzregentenufer 3, 90489 Nürnberg