– BGH zum Begriff der Dachsanierung im Maklerexposé –

Im Zentrum des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 6. Dezember 2024 (Az. V ZR 229/23) steht die Frage, wie die Aussage „Dach komplett erneuert“ im Exposé eines Immobilienmaklers auszulegen ist. Die Käufer eines Einfamilienhauses hatten sich auf diese Formulierung verlassen – tatsächlich war 2009 jedoch lediglich die äußere Bitumenschicht des Daches erneuert worden. Die Käufer verlangten daraufhin Schadensersatz, da sie unter einer „kompletten“ Erneuerung auch eine Erneuerung der Dämmung und Unterkonstruktion verstanden.

Die Vorinstanzen (LG Leipzig und OLG Dresden) gaben der Klage teils nicht statt. Begründet wurde dies mit dem angeblich allgemeinen Sprachgebrauch: Unter „Dach“ sei nur die äußere Hülle zu verstehen. Der BGH widerspricht dieser pauschalen Auslegung nun ausdrücklich.

Kein einheitlicher Sprachgebrauch – Begriff bedarf kontextbezogener Auslegung

Der BGH stellt klar: Es existiert kein allgemeiner Sprachgebrauch, wonach bei der Formulierung „Dach komplett erneuert“ ausschließlich die oberste Dachschicht gemeint ist. Die Revision der Käufer hatte daher Erfolg – und das Verfahren wurde an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Für die Auslegung der Aussage sei entscheidend, wie ein durchschnittlicher, redlicher Käufer nach Treu und Glauben die Angabe verstehe. Dabei komme es auf das Zusammenspiel mit weiteren Angaben im Exposé (z. B. Modernisierungen, energetischer Zustand) und auf die Bauart des Dachs an. Es müsse geprüft werden, ob ein Käufer auch Dämmung und Tragkonstruktion als Bestandteil einer „kompletten“ Erneuerung erwarten durfte.

Besonders relevant: Die Anforderungen an die energetische Qualität eines neu gedeckten Daches nach der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV) können den Inhalt des Begriffs mitprägen – unabhängig davon, ob diese Normen im Exposé genannt wurden oder nicht.

Konsequenzen für Verkäufer und Makler

Der BGH stärkt mit diesem Urteil die Käuferseite. Wer in einem Exposé öffentlich erklärt, eine bauliche Maßnahme sei „komplett“ durchgeführt worden, muss damit rechnen, dass Käufer dies im umfassenden technischen Sinne verstehen. Verkäufer können sich nicht hinter einem angeblichen allgemeinen Sprachgebrauch verstecken – vielmehr kann ihnen die Angabe im Maklerexposé auch dann zugerechnet werden, wenn sie es nicht selbst verfasst haben, sofern sie dessen Inhalt kannten oder kennen mussten.

Fazit für die Praxis

Formulierungen in Exposés sollten mit größter Sorgfalt gewählt werden. Vage oder werblich überhöhte Angaben können zu erheblichen Haftungsrisiken führen – selbst bei einem vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung. Denn bei nachgewiesener Arglist greift dieser nicht.

Wenn Sie Fragen zur Durchsetzung oder Abwehr von Gewährleistungsansprüchen bei Immobilienkaufverträgen haben, steht  Ihnen Rechtsanwalt Tilmann Schellhas, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht als Ansprechpartner gerne zur Verfügung.

Tilmann Schellhas

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
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