– Amtsgericht Hamburg-Altona: Bank muss nach Kartenbetrug erstatten –

Wurden bei einem Zahlungsvorgang nachweislich die Originalkarte und die korrekte PIN verwendet, besteht ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Zahlung entweder durch den Kunden selbst vorgenommen oder von ihm autorisiert wurde. Der Kunde kann den Anscheinsbeweis aber erschüttern, indem er im konkreten Einzelfall Tatsachen darlegt und ggf. beweist, die die ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit einer anderen Ursache nahelegen (hier: Diebstahl der Zahlungskarte nach vorherigem Ausspähen der PIN in engem zeitlichem und räumlichem Zusammenhang mit der missbräuchlichen Verwendung der Karte)

Der Sachverhalt

Ein Kunde meldete den Diebstahl seiner Debitkarte. Kurz nach dem Diebstahl wurden mehrere unautorisierte Bargeldabhebungen mit dieser Karte durchgeführt. Der Kunde bemerkte die unautorisierten Transaktionen, als er seine Kontoauszüge überprüfte und stellte fest, dass die Abhebungen an verschiedenen Geldautomaten in kurzer Zeit vorgenommen wurden. Er meldete den Vorfall sofort seiner Bank und erstattete Anzeige bei der Polizei. Die Bank verweigerte jedoch die Erstattung des abgehobenen Betrags und argumentierte, dass die Abhebungen mit der korrekten PIN durchgeführt wurden, was auf eine autorisierte Nutzung hinweise.

Der Anscheinsbeweis

Der Anscheinsbeweis besagt, dass wenn die Originalkarte und die korrekte PIN verwendet wurden, davon ausgegangen wird, dass der Kunde die Zahlung autorisiert hat oder fahrlässig gehandelt hat. Dies basiert auf der allgemeinen Lebenserfahrung, dass nur der Karteninhaber die PIN kennt und verwendet. Die Bank argumentierte, dass die Verwendung der korrekten PIN darauf hindeutet, dass der Kunde entweder selbst die Abhebungen vorgenommen hat oder die PIN fahrlässig weitergegeben hat. Der Anscheinsbeweis dient dazu, die Beweislast auf den Kunden zu verlagern, der nun nachweisen muss, dass die Abhebungen ohne sein Verschulden erfolgten.

Die Erschütterung des Anscheinsbeweises

Der Kunde kann diese Annahme widerlegen, indem er nachweist, dass die PIN ausgespäht und die Karte gestohlen wurde. In diesem Fall hat der Kunde folgende Argumente und Beweise vorgebracht:

    • Nachweis des Diebstahls: Der Kunde konnte glaubhaft machen, dass seine Karte gestohlen wurde. Dies wurde durch eine Anzeige bei der Polizei und Zeugenaussagen unterstützt.
    • Ungewöhnliche Abhebungen: Die Abhebungen fanden in kurzer Zeit und an verschiedenen Orten statt, die der Kunde normalerweise nicht besucht. Dies deutet auf einen atypischen Geschehensablauf hin.
    • Sicherheitslücken: Der Kunde argumentierte, dass es möglich sei, dass die PIN ausgespäht wurde, z.B. durch Skimming-Geräte an Geldautomaten. Dies wurde durch technische Gutachten unterstützt, die solche Sicherheitslücken bestätigten.
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Das Urteil des AG Hamburg-Altona vom 16.04.2024 (318b C 192/23)

Das Gericht entschied zugunsten des Kunden, da er den Anscheinsbeweis erfolgreich erschüttern konnte. Die Sparkasse muss den belasteten Betrag erstatten, da die unautorisierten Abhebungen nicht auf das Verschulden des Kunden zurückzuführen waren.

Haben Sie Fragen zu dem Urteil oder einen Anspruch gegenüber einer Bank/Sparkasse aus einem ähnlichen Sachverhalt?

Dann wenden Sie sich bitte an Herrn Rechtsanwalt Tilmann Schellhas, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, der eine erhebliche Erfahrung im Umgang mit unautorisierten Zahlungsvorgängen hat und Bankkunden dazu  – bundesweit – vertritt.

Tilmann Schellhas

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
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