Widerrufsfrist wegen Nichtübergabe der Vertragsurkunde nicht angelaufen

BGH

Der BGH (Urteil vom 22. November 2016 – XI ZR 434/15) hält zwar die Wendung, die Widerrufsfrist beginne „nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hat“, für klar und verständlich über den Beginn der Widerrufsfrist belehrend. Die von der Darlehensgeberin zur Erläuterung des Verweises auf § 492 Abs. 2 BGB in einem Klammerzusatz der Widerrufsinformation angefügten Beispiele entsprachen zwar nicht den gesetzlichen Vorgaben, weil sie mit den Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags und der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde „Pflichtangaben“ benannten, die für den Immobiliardarlehensvertrag der Darlehensnehmer nicht einschlägig waren. In der Angabe dieser beiden zusätzlichen Pflichtangaben lag indessen – so der BGH weiter – das von den Darlehensnehmern angenommene vertragliche Angebot der Darlehensgeberin, das Anlaufen der Widerrufsfrist von der zusätzlichen Erteilung dieser beiden Angaben im Immobiliardarlehensvertrag abhängig zu machen.

Das Berufungsurteil hatte gleichwohl keinen Bestand, weil die im Immobiliardarlehensvertrag keine Angaben zu der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde gemacht und damit nicht sämtliche Bedingungen erfüllt hat, von denen sie selbst das Anlaufen der Widerrufsfrist abhängig gemacht hat.

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Tilmann Schellhas

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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